Direkte Faktor-Xa-Hemmer, die sogenannten Xabane, haben die Cumarine in puncto Verschreibungshäufigkeit inzwischen deutlich überholt. Apixaban ist dabei der Spitzenreiter unter den Antikoagulanzien. Der Arzneistoff kann zwar mit einigen Vorteilen punkten, doch frei von Risiken ist er nicht.

Welche Einsatzgebiete hat Apixaban?
Apixaban kommt zur Therapie und Rezidivprophylaxe tiefer Venenthrombosen und Lungenembolien zum Einsatz. Zudem dient es der Prophylaxe venöser Thromboembolien nach Hüft- oder Kniegelenkersatzoperationen. Bei Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern und einem oder mehreren Risikofaktoren soll Apixaban Schlaganfällen und systemischen Embolien vorbeugen. Zu diesen Risikofaktoren gehören ein Schlaganfall oder eine transitorische ischämische Attacke in der Anamnese, Alter ab 75 Jahren sowie Hypertonie, Diabetes mellitus oder symptomatische Herzinsuffizienz ab NYHA Klasse II.
Wie wirkt Apixaban?
Wie alle Xabane trägt Apixaban sein Target bereits im Namen: den Gerinnungsfaktor Xa. Der Arzneistoff hemmt sowohl freien als auch in Thromben gebundenen Faktor Xa direkt und reversibel und gehört somit zu den direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK). Faktor Xa ist an der enzymatischen Spaltung von Prothrombin (Faktor II) zu Thrombin (Faktor IIa) beteiligt, was in der Blutgerinnungskaskade wiederum die Umwandlung von Fibrinogen (Faktor I) zu Fibrin (Faktor Ia) katalysiert. Zudem hemmt Apixaban indirekt die durch Thrombin induzierte Thrombozytenaggregation.
Wie wird Apixaban dosiert?
Apixaban wird als Tablette in den Stärken 2,5 mg oder 5 mg unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. Die Dosierung richtet sich dabei nach der Indikation: Eine akute tiefe Venenthrombose oder Lungenembolie wird initial mit zweimal täglich 10 mg über eine Woche behandelt. Anschließend wird die Dosis auf zweimal täglich 5 mg halbiert. Zur Rezidivprophylaxe sind zweimal täglich 2,5 mg indiziert. Nach einer Operation am Hüft- oder Kniegelenk sollen Patienten 12 bis 24 Stunden nach der Operation die erste Dosis Apixaban einnehmen, anschließend zweimal täglich 2,5 mg für bis zu 38 Tage. Um bei Vorhofflimmern einem Schlaganfall oder einer systemischen Embolie vorzubeugen, sind zweimal täglich 5 mg Apixaban empfohlen. Bei manchen Patienten ist eine Dosisanpassung auf zweimal täglich 2,5 mg erforderlich. Das ist immer dann der Fall, wenn Patienten mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen: Alter ≥ 80 Jahre, Körpergewicht ≤ 60 kg oder Serumkreatinin ≥ 1,5 mg/dl. Die Behandlung sollte dauerhaft erfolgen.
Wie ist mit Einnahmefehlern umzugehen?
Hat ein Patient die Einnahme vergessen, sollte er diese unverzüglich nachholen und dann mit dem Dosierschema wie gehabt fortfahren. Eine Überdosierung kann das Blutungsrisiko erhöhen. Im Falle von Blutungskomplikationen muss die Behandlung abgebrochen und die Ursache der Blutung bestimmt werden. Gegebenenfalls ist eine chirurgische Blutstillung, eine Transfusion von gefrorenem Frischplasma oder die Gabe eines Antidots nötig.
Seit dem Jahr 2019 steht Andexanet alfa (Ondexxya®) als Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung als erstes spezifisches Antidot gegen Apixaban (und Rivaroxaban) zur Verfügung. Es handelt sich dabei um ein modifiziertes humanes Faktor-Xa-Molekül, das selbst keinen Einfluss auf die Blutgerinnung hat.
Welche Neben- und Wechselwirkungen können auftreten?
Zu den möglichen unerwünschten Wirkungen von Apixaban gehören Anämie, Blutungen, Blutergüsse und Übelkeit. Inhibitoren von CYP3A4 und P-Glykoprotein (P-gp) können die Blutspiegel von Apixaban erhöhen, starke Induktoren die antikoagulatorische Wirkung reduzieren. Für die Selbstmedikation interessant: Auch Johanniskraut kann die Wirkung abschwächen. Ferner sind Interaktionen mit anderen die Hämostase beeinflussenden Medikamenten möglich. So ist bei der Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern, selektiven Serotonin- oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI, SNRI) oder nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) erhöhte Vorsicht geboten.
Wann ist Apixaban kontraindiziert?
Bei Patienten mit akuten klinisch relevanten Blutungen oder Lebererkrankungen, die mit einem erhöhten Blutungsrisiko verbunden sind, ist von einer Einnahme abzusehen. Auch bei Läsionen oder signifikanten Risikofaktoren für eine schwere Blutung ist Apixaban kontraindiziert. Dies umfasst zum Beispiel akute oder kürzlich aufgetretene Magen-/Darmgeschwüre oder kürzlich erfolgte chirurgische Eingriffe an Gehirn, Rückenmark oder Augen. Andere Antikoagulanzien dürfen in der Regel nicht gleichzeitig eingenommen werden. Es gibt allerdings Ausnahmen wie eine Umstellung der Antikoagulationstherapie.
Was ist in Schwangerschaft und Stillzeit zu beachten?
Bisher liegen keine Erfahrungen zur Anwendung von Apixaban bei Schwangeren vor, die Einnahme ist daher nicht empfohlen. Tierexperimentelle Studien ergaben jedoch keine Hinweise auf eine Reproduktionstoxizität. Es ist nicht bekannt, ob Apixaban oder seine Metabolite in die Muttermilch übergehen, Experimente am Tier deuten jedoch darauf hin. Ein Risiko für Neugeborene und Kinder kann daher nicht ausgeschlossen werden. Gegebenenfalls ist das Stillen oder die Behandlung mit Apixaban zu unterbrechen beziehungsweise abzusetzen.
Was sollten Patienten, die Apixaban einnehmen, wissen?
Jeder Patient, der Apixaban einnimmt, sollte mögliche Anzeichen für eine Blutung kennen. Dazu gehören beispielweise Blutergüsse, Teerstuhl, Blut im Urin, Nasenbluten, Schwindel, Müdigkeit, Blässe, Schwäche oder plötzliche starke Kopfschmerzen. Zudem sollten die Patienten die Notwendigkeit der Therapietreue begreifen. Denn aufgrund der vergleichsweise kurzen Halbwertszeit von zwölf Stunden ist eine hohe Compliance besonders wichtig. Eine Behandlung erfordert grundsätzlich kein Monitoring der Blutgerinnung. Für Ausnahmesituationen, zum Beispiel bei einer Überdosierung, stehen aber quantitative Anti-Faktor Xa-Tests in kommerziellen Test-Kits zur Verfügung. Patienten sollten zu jeder Zeit einen Patientenausweis bei sich tragen, der in der Arzneimittelpackung enthalten ist. Vor einer Operation muss Apixaban in der Regel frühzeitig abgesetzt werden. Das genaue Vorgehen ist mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.
Wann kommen die Generika?
Apixaban kam als Eliquis® von Bristol-Myers Squibb und Pfizer im Juni 2011 auf den deutschen Markt. Aktuell besteht für das Original noch Marktexklusivität bis zum Mai dieses Jahres. Das zeigt sich deutlich im Umsatz: Im Jahr 2019 war Apixaban mit Nettokosten von knapp 840 Millionen Euro das umsatzstärkste Arzneimittel in Deutschland. Doch bis zur Markteinführung von Generika dürfte es hierzulande noch einige Jahre dauern, da ein ergänzendes Schutzzertifikat des Herstellers dies vorerst verhindert. Die Zulassung für ein Generikum namens Apixaban Accord hat die Europäische Arzneimittelagentur allerdings bereits erteilt.

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